Durchhaltevermögen ist unbestreitbar eine Aufstiegskompetenz. Gepaart mit Intelligenz und Talent beschreibt es den feinen Unterschied, den weibliche Talente und weibliche Sieger voneinander unterscheiden. Es ist die „beachtliche Beharrlichkeit“ die zu einer Empfehlung zur Führung führt. Natürlich nicht ganz ohne weibliches Erscheinungsbild und Habitus.
Offensichtlich ist: Ohne Durchhaltevermögen z.B. würde es eine Leistungssportlerin nicht schaffen, sich langfristig so aufzubauen, dass sie in mehreren Jahren ganz oben auf dem Treppchen steht. Was für aufstiegswillige Managerinnen aber umso mehr gilt: Ein bemerktes (und anerkanntes) Durchhaltevermögen bei Managerinnen, entspricht nicht dem Stereotyp, also der landläufigen Meinung über Frauen, somit wird es als Unterscheidungsmerkmal zu anderen Frauen in den Köpfen „verbucht“. Das ist der ausschlaggebende Grund.
In der heutigen Gesellschaft ist Durchhaltevermögen hoch angesehen. Burn-out hin oder her. Wer sich durchkämpft, durchbeißt und immer weitermacht, wird weitestgehend bewundert und respektiert. Dinge zu Ende bringen oder Ziele erreichen gilt als professionell.
Das unbedingte und strikte Verfolgen von Zielen allerdings hat nicht unbedingt eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden. Wie Studien vom Motivationsforscher Carsten Wrosch und Team belegen, sorgt bemerkenswerterweise die Aufgabe und das Niederlegen von schwer erreichbaren Zielen für einen Produktionsrückgang des Stresshormons Kortisol und damit für eine Steigerung des Wohlgefühls. Fazit: Um glücklich zu sein, ist eine Kombination von Durchhaltevermögen und Aufgeben erforderlich.
Die Schwere des Aufgebens
Aufgeben fällt uns schwer, weil es mit negativen Gefühlen, wie z.B. Scham, verbunden ist und es gesellschaftlich mit Versagen gleichgesetzt wird. Zusätzlich erschweren uns eigene Mechanismen uns das Lösen von den gefassten Zielen.
Beim implemental mind set setzt unser Gehirn alles daran, das Ziel zu erreichen und blendet die entmutigenden Fakten kurzerhand aus. Im Gegenzug werden positive Fakten bestärkend dargestellt, was zur Folge hat, dass die Situation häufig unterschätzt wird.
Ein weiterer Mechanismus ist der sunk cost effect. Das ist die Neigung, an ungünstigen Zielen festzuhalten, wenn man bereits viel investiert hat. Dieser Effekt kann mit Fragen ausgehebelt werden: Ist mir das Ziel noch wichtig? Haben sich die Umstände verändert? Ist eine Zielerreichung überhaupt noch möglich? Sind bereits wichtige Meilensteine erreicht?
Das überlegte Loslassen
Ist die Gesundheit von Körper und Geist in Gefahr, sollte die Umsetzungsstrategie der Zielerreichung hinterfragt werden. In einem festgelegten Beobachtungszeitraum (Tage oder Wochen) kann genau ergründet werden, ob der richtige Moment zum Aufhören gekommen ist. Dazu kommen drei Faktoren auf den Prüfstand:
- das körperliche Wohlbefinden,
- die emotionale Lage,
- die rationale Analyse der Situation.
Sind die Umstände zu schwer oder das Vorhaben zu hoch gesteckt droht Stress, der sich negativ auf das körperliche Wohlbefinden auswirkt. Hierbei ist die Intensität ausschlaggebend.
Gefühle und Empfindungen sind wichtig für unsere Entscheidungsprozesse und sagen viel über unsere emotionale Lage aus. Wie fühle ich mich? Bin ich unzufrieden? Fühle ich mich machtlos? Sind Anzeichen eines Kontrollverlustes vorhanden? Diese Fragen können im Beobachtungszeitraum jeden Tag beantwortet und notiert werden. Die Dokumentation visualisiert die Grundhaltung zu dem hinterfragten Ziel und verhindert eine Verfälschung der Fakten.
Eine objektive Auseinandersetzung mit der Zielerreichung ist ebenfalls notwendig, um eine rationale Bewertung vornehmen zu können. Dabei geht es um die Umstände, die Strategie, die Erfolge, die Misserfolge, auftauchende Zweifel und die Aufstiegsziele.
In kleinen Schritten richtig loslassen
Falls nach der Auswertung der drei Faktoren das „Aufhören“ umgesetzt wird, sind kleine Schritte hilfreich. Diese Phase ist laut dem Persönlichkeitspsychologen Eric Klinger ein psychisches Erdbeben, das von erhöhter Sensibilität und Verletzlichkeit begleitet wird. Daher ist es besser, nicht alles direkt stehen und liegenzulassen, sondern den Lösungsprozess langsam anzugehen.
Ziele sind stark mit der eigenen Identität verknüpft, daher kann der Ablöseprozess – je nach Thema – schwierig und belastend sein. Natürliche Anpassungsmechanismen wie vermeintliche Selbsttäuschungen (das „Schönreden“) sind wichtig, um sich eine positive Selbst- und Lebensperspektive zu bewahren. Zur Stabilisierung der emotionalen Lage ist es hilfreich, die Nachteile des bisherigen Zieles, die Vorteile des Loslassens und mögliche Aufstiegschancen zu erkennen. Das Stecken neuer Aufstiegsziele oder variierender Aufstiegsziele füllt die entstandene Leere und sorgt dafür, dass sich das Aufmerksamkeitsfeld wieder für neue Optionen öffnet.
Durchhalten ist nicht immer hilfreich, aber Aufgeben auch nicht. Um den richtigen Weg zu erkennen, stehen Entscheidungshilfen zur Verfügung. Wer auf die körpereigenen Signale achtet und sich daran orientiert, der wird seine Aufstiegsziele – vielleicht auf Umwegen – aber mit Wohlbefinden erfolgreich erreichen.
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Dr. Martina I. Mronga ist Mikropolitik- und Managementberaterin. Mit ihrer Firma faegipae berät sie seit mehreren Jahren große Unternehmen, Organisationen und Universitäten. Hier unterstützt sie Leserinnen und Leser dabei, sich in einer Organisation zu etablieren, Widerstände zu umgehen und Führungskraft zu werden. Courage und Charme sind dabei wichtige Bestandteile ihrer Arbeit.